Yury Kharchenko ist mit Leib und Seele ein Maler. Seine Malerei zeichnet sich durch die Dichte der malerischen Struktur aus, die aus überlagerten Malschichten entsteht. Aus jedem Blickwinkel und jeder Entfernung betrachtet ändert sich das Gesehene vielfältig, je nach Gefühl, Phantasie und Gemütslage des Betrachters.
Yury Kharchenko hat vier Jahre in Düsseldorf an der Kunstakademie studiert. Eine solide Ausbildung ist ihm wichtig, um handwerkliche Fähigkeiten und malerische Techniken zu erlernen, die ihm es ermöglichen seine Malerei zu entwickeln. Talent, aber auch Fleiß, vielleicht besser Leidenschaft treiben ihn an, dabei macht er als Person eher einen ruhigen, bescheidenen, fast schüchternen Eindruck. Doch er versteht es, seinen Weg als Künstler zu gehen, nicht allein nur zu malen, sondern auch sich zu präsentieren, Kontakte zu knüpfen, auszustellen, die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich zu lenken. 2011 hat er seine Gruppenausstellun im Museum Kunstpalast Düsseldorf, mit 25 Jahren, ein ganz schönes Tempo. Doch er arbeitet mit Eifer und Fleiß an der Entwicklung seiner Malerei, sie gewinnt, wird dichter, die Formate werden größer.
“Den 12 Stämmen Israels“ widmet er 12 großformatige Bilder, die allein für sich genommen, schon einen wichtigen Platz im Werk des Künstlers einnehmen. Er arbeitet an jedem Werk, bis es für ihn die nötige Tiefe und Reife hat. Wie er arbeitet und welche Techniken zu den vorliegenden Resultaten führen, erzählt er nicht. Sicher ist es ein langwieriger und auch sehr persönlicher Prozess, der zu ihm gehört und deshalb nicht zu besprechen ist. Was zählt sind die Werke, die entstehen. Für „Die 12 Stämme Israels“ wählt er die einfache Hausform als Grundform. Das Haus, das zuerst einmal Geborgenheit verspricht, Schutz, Wärme und Zuhause-Sein. Doch folgt das Auge den inneren Strukturen des Hauses, werden eine Fülle von wiederstrebenden Gefühlen geweckt, meint man komplizierten und dunklen Dingen auf der Spur zu sein, man sieht Figuren hinein oder sind sie hineingemalt, der Zweifel bleibt, auch wenn man die Figuren immer wieder betrachtet, wie sie festgeklebt starr dastehen und doch in Bewegung zu sein scheinen. Eine merkwürdige Stimmung geht von den Bildern aus, die oft mit kräftigen Farben gemalt sind, die im Vordergrund meist dunkler bis schwarz werden und im Hintergrund fast immer ein Leuchten bewahren, so wie Hoffnungsschimmer immer bleiben. Rätselhaft und mysteriös sind alle diese Bilder. Die inneren Strukturen der Häuser lassen das Meditieren des Künstlers erahnen und lassen auch den Betrachter meditieren. Man vermeint immer tiefer in das Bild eindringen zu können. Die Gedanken und Gefühle verweben sich miteinander. Diese 12 Bilder stellen einen in sich geschlossenen Zyklus dar, der die Reife des Künstlers und Malers Yury Kharchenko erkennen lässt.
Yury Kharchenkos Malerei ist eigenständig und steht zugleich in der Tradition des abstrakten Expressionismus, der vor allem in den USA der 1950er Jahre gepflegt wurde. Aber dies zu bemerken ist eigentlich unwichtig, denn Yury Kharchenko weiß, dass er als Maler immer in irgendeiner Tradition stehen wird. Sein Weg ist es, seine eigene Handschrift weiter zu entwickeln. Natürlich ist sie noch im Werden, es wäre traurig, wenn mit 25 Jahren schon alles geschafft und zementiert wäre. Es ist dem Künstler zu wünschen, dass er seinen eingeschlagenen Weg konsequent und kraftvoll weitergeht. Wir können gespannt sein…
Barbara Barsch
Juli 2011