Essay by Yury Kharchenko, Die Wahrheit in der Malerei

Jacques Derrida fragt nach dem Idiom in der Malerei. Er stellt die Frage übergreifend nach dem Idiom in der Malerei. Insofern stellt er eine idiomatische Frage und das in Bezug auf die Malerei.

Zweifel, ob diese Frage rechtmäßig sein könnte, ob Derrida durch eine sprachlich dialektische Vorgehensweise der Antwort auf die idiomatische Frage, was die Wahrheit in der Malerei, näher kommen könnte? Wäre es nicht viel „logischer“ eben nicht diese idiomatische Frage und das noch über die Wahrheit in der Malerei zu stellen? Wäre es nicht ebenfalls „logischer“ kein Buch über die Wahrheit in der Malerei zu schreiben und würde man vielleicht nicht mit dem Buch über die Wahrheit in der Malerei genau dieser Wahrheit in der Malerei entkommen? Läuft man da nicht dem Risiko einer Ideologie entgegen, was die Wahrheit wäre, und das dazu noch in der Malerei, einem Medium der Materie und ihres Gestaltens. Wäre es nicht besser den Künstlern, die sich mit der Malerei beschäftigen (sprich diese Materie gestalten) etwas wie Wahrheit darstellen lassen, existiert oder existierte jemals die Wahrheit in der Malerei oder das Verlangen nach der Wahrheit in der Malerei durch die ganze Kunstgeschichte oder gab es und gibt es pluralistische Wahrheiten oder spezifische oder subjektive Wahrheiten in der Malerei? Jacques Derrida vermag zwar mit der Frage nach der Wahrheit in der Malerei meine Fragen beantworten, eben weil er als Philosoph im Medium der Malerei die Frage nach der Wahrheit in der Malerei beantworten möchte. Er beantwortet die Fragen, indem er schreibt über die Wahrheit in der Malerei, er benutzt nicht die Malereiwahrheit im Medium der Malereimaterialität, um die Wahrheit an sich a priori darin zu präsentieren, sondern er findet eine Metasprache – die Schrift, die diese gewissen „Regeln“ der Wahrheit in der Malerei in der Schriftdifferenz zur Malerei präzise darstellt und so Metaregeln der Wahrheit für das Medium der Malerei schafft.

Derrida kommt und sagt, dass jemand kommt und fragt: „Dass er sich für den idiomatischen Ausdruck selbst interessiert, für die Wörter „in der Malerei“.. dass er sich für das Idiom in der Malerei interessiert, übersetzen sie: für das, was im Bereich der Malerei Idiom, idiomatischer Zug oder Stil ist (einzigartig, unnachahmlich) oder vielmehr-als andere mögliche Übersetzung-für die irreduzible Einzigartigkeit oder Besonderheit der bildenden Kunst, dieser Sprache, welche die Malerei wäre und so weiter.“

Jedoch scheint die Sache doch etwas komplizierter und tiefgreifender zu sein, denn man könnte dieser Sache mit der Sprachangelegenheit im Medium der Malerei nicht immer recht geben oder sogar misstrauen, auch Derrida sagt: „Sprache, welche die Malerei wäre“, also in Konjunktiv. Die Malerei scheint nicht nur den linguistischen Parametern untergeordnet zu sein – hier entwickelt sich die Komplexität, die die vorherige Logikkette unterläuft, indem dieses Konjunktiv eine Unsicherheit über die semantische Gegebenheit der sogenannten Malereisprache hervorbringt. Somit stellt sich eine andere Frage, was dieses „Es“ ist, was mit der Semantik der Sprache in der Malerei und derer sprachlichen Wahrheit im Medium Malerei koexistiert?

Um dieser Frage näher zu kommen, werde ich einen gedanklichen Vergleich zwischen Emmanuel Levinas und Jacques Derrida machen und den sich daraus ergebenden weiterführenden Fazit für diese Wahrheit in der Malerei, mit der Jacques Derrida sein Buch über die Wahrheit in der Malerei beginnt, zunächst durch die Untersuchung der Sprachphilosophie und derer dialogischen Aspekten mit dem Anderen, sowie Offenheitsbegriff in Paul Celans Dichtung, auf die Malerei des Amerikanischen Abstraktionismus, vertretend von Mark Rothko, projizieren.

Derrida: „Angesichts eines Denkens wie dem von Levinas habe ich niemals einen Einwand. Ich bin bereit alles zu unterschreiben, was er sagt. Das bedeutet nicht, dass ich die gleiche Sache in der gleichen Weise denke, doch die Unterschiede sind da sehr schwierig zu bestimmen“

Ein Gedankenunterschied, die Beziehung, die noch nicht abgeschlossen ist, die Aufgabe des Anderen und seiner Dekonstruktivität, die Schwächen und die Stärken dieses postmodernen Ansatzes, nach dem sich vor allem die Kunst richten würde, vielleicht hat oder doch nicht oder doch schon oder vielleicht steht es ihr noch bevor, und womöglich wird es noch eine Wahrheit in der Malerei geben. Diese fragwürdigen Ansatzpunkte dieser fragwürdigen Postmodernitätidee sollte einer komparatistischen Analyse mit der heutigen Kunst unterzogen werden, um die Relevanz der Levinas vs. Derrida Debatte, zu spiegeln, vielleicht sogar bestimmte Ideen als illusorisch im Spiegelbild zum Zersplittern zu bringen und so eine Antwort der Kreativität des modernen, vorahnenden, in die Zukunft voraus blickenden Paradigmageistes, der schon in die nächste zukünftige Paradigma zu blicken vermag, der Komplexität und Transparenzlosigkeit, sowie dem Dschungelvaakum der Verwissenschaftlichung und ihrer sprachbedingten Grenzen, sowie sich daraus ergebenden Dogmen, etwas Neues entgegenzustellen, etwas aufblühen zu lassen, was verkeimt in der Erdhülle liegt, jedoch auch auf das Entwicklunspotenzial der alten Ideen in einer Meta – sprachrelevanz diese kreative Spur zu gestalten, um die Spuren der Zeitideologien vom Neuen an zurückzudenken, vom anderen Blickwinkel positivistisch zurückzugestalten und somit weiter neue Brückenbau – und Rückbauprojekte der Gegenwart vorzulegen, um die unmittelbare Zukunft zu gestalten.

Die Gedankendebatte Levinas und Derrida wird ebenfalls, komparatistisch, auf zwei Künstlergenerationen projiziert und durch diese veranschaulicht, um neue dialektische Dekonstruktivitätsdimensionen mit dem Anderen zu eröffnen.

Die erste ist die der Vorkriegszeit mit Künstlern:

Mark Rothko, Barnett Newmann

Die zweite ist die der Nachkriegszeit mit Künstlern:

Helene Aylon, Sol LeWitt

Um Derridas Philosophiedekonstruktion des Anderen im Hinblick auf seine Jüdishe Herkunft, und der damit verbundenen Gedankenlabyrinthe zu untermauern, wird anhand der kulturellen Entwicklung in der Jüdischen Postmoderne veranschaulicht, wie bestimmte geschichtliche, kultursoziale Fragen und Antworten darauf den komplizierten Gedanken Derridas Fundament geben.

Derrida zitiert Paul Cezanne: ICH SCHULDE IHNEN DIE WAHRHEIT IN DER MALEREI, UND ICH WERDE SIE IHNEN SAGEN (an Emile Bernard, 23. Oktober 1905)

Tatsächlich lesen wir hier von Cezanne, dass er die Wahrheit in der Malerei sagen wird. Was bedeutet dieses Sagen? Spricht Cezanne über die von mir oben erwähnte Meta – Sprache oder ein anderes Performativ, wenn er das Verb sagen gebraucht? Ist das Sagen ein Bezeichnendes vom Bezeichneten, was eben die Malereiperformancewahrheit wäre oder signifiziert er mit dem Verb Sagen die schon von Ihm verfügbare Wahrheit in der Malerei in Form von Sprache, die er zum ersten Mal aussagen wird, denn vergessen wir nicht, er will sprechen in Worten.

Darüberhinaus spricht er über das Schulden dieser Wahrheit. Es ist eine Schuld die den Kontext seiner Aussage etwas verändert und gleichzeitig dem Performativmedium einen veränderten Gesichtsausdruck verleiht. Denn diese Schuld deutet sich als eine Verpflichtung über die Wahrheit, die uns Cezanne aussprechen wird, zu mindestens beabsichtigt er das.

Die Frage ist, ob wir es so wortwörtlich hinnehmen könnten, was Cezanne a) uns verspricht b) uns sagen wird?

Gewiss nicht, denn Cezanne ist ein Maler, und die Wahrheit oder seine subjektive Wahrheit oder solche, wie sie auch sein mag, aber vergessen wir nicht das wichtige – in der Malerei, existiert nur in der objektiven, performativen Malerei. Das Sagen meint er hier vielmehr als Referenz zum Tun, die Wahrheit in der Malerei tun, die Wahrheit in der Malerei schulden.

Er verspricht zu sagen, indem er schuldet zu tun. Einem Performativakt, was durch ein anderes ersetzt wird, wohnt eine unendliche Supplementaritätseigenschaft inne.

Derrida spricht von einem „Ereignis“ – ein Ereignis des Versprechens. Ohne die Wahrheit zu malen, verspricht Cezanne sprachlich die Wahrheit auszusagen, d.h. er konstruiert Wahrheitsversprechen durch den Sprechakt alleine, weil er sagt „ich sage“ anstatt „ich male“, doch wie vorhin erwähnt existiert dieses andere Performativ im „Sagen“, was eben auf das Versprechen der Wahrheit bezieht – die im Malen.

An dieser Stelle gelangen wir wieder zum am Anfang erwähnten Problem: Existiert in der Malerei etwas, was der Sprachkonstitution sich entzieht?

Schon jetzt aber ist zu sagen, dass Paul Cezanne auf eine Meta – Wahrheit, ein Meta – Idiom, was in seiner Versprechensaussage chiffriert ist, aussagt. Sein Wahrheitssatz behält aber eine verständliche interkommunikative Sprachfunktion, ebenfalls ein Indiz auf die Supplementaritätswahrheit.

Derrida stellt selbst diese Frage: „Hat die Theorie der Sprechakte ihre Entsprechung in der Malerei? Ist sie in der Malerei verständlich? Da sie sich ständig und notwendigerweise auf die Werte der Intention der Wahrheit und der Aufrichtigkeit beruft, muss ein absolutes Protokoll sogleich einen Kniff der folgenden ersten Frage ausmachen: Was muss die Wahrheit sein, um geschuldet zu werden, sogar um wiedergegeben zu werden? In der Malerei? Und wenn sie in Malerei darauf beruht, wiederzugeben, was will man besagen, wenn man verspricht, sie selbst als eine Schuldigkeit oder als eine Gegengabe wiederzugeben?“

Derrida: „Die Wahrheit ist dann als das, was sie in der Malerei repräsentiert, nicht mehr sie selbst, sondern nur ihr Doppelgänger, so ähnlich er auch sei, und genaugenommen anders in Anbetracht der Ähnlichkeit. Immer noch Wahrheit der Wahrheit mit den beiden Genitiven, aber diesmal hat der Wert der Übereinstimmung den der Enthüllung (beiseite geschoben). Die Malerei der Wahrheit kann ihrem Modell adäquat sein, indem sie es repräsentiert, sie manifestiert es aber nicht selbst, indem sie es repräsentiert. Aber da das Modell hier die Wahrheit ist, das heisst dieser Wert der Präsentation oder Repräsentation, der Enthüllung oder Adäquation, öffnet der Zug Cezannes den Abgrund.“

Derrida spricht von vier Möglichkeiten der Wahrheitsausdrucke, diese sind:

Präsentation der Repräsentation, Präsentation der Präsentation, Repräsentation der Repräsentation, Repräsentation der Präsentation.

Um Derrida verständlicher an dieser Stelle zu machen und einige seiner Fragen zu beantworten, sowie tiefer in die Problematik einzutauchen referiere ich auf Emanuel Levinas (in „die Spur des Anderen“, Eine neue Modalität):

„Das Wesentliche liegt hier in der Art, wie ein Sinn, der jenseits des Sinnes ist, sich dem Sinn, der in der Ordnung bleibt, einfügt, in der Art, wie der eine als schon erloschener im anderen leuchtet, in der Art, wie er hervortritt, indem und während er sich zurückzieht. Das Rätsel ist nicht eine bloße Zweideutigkeit, in der die beiden Bedeutungen die gleiche Chance und das gleiche Licht haben. Im Rätsel ist der unmäßige Sinn schon im Erscheinen ausgelöscht.“

Hier komme ich auf die Dekonstruktion: der „Doppelgänger“ von Derrida ist ein Zeichen sowohl für etwas als auch von etwas oder umgekehrter Reihenfolge. Diesen Doppelgänger ersetze ich metaphorisch durch den menschlichen Schatten, der Ihn überall begleitet, wo er sich hinbewegt und die allegorische Wahrheit mit sich darstellt. Diese Wahrheit existiert ambivalent in ihrer Wirkung und heisst Licht. Der Schatten ist der Gegenlicht, also nicht Licht, aber Phänomen des Lichts oder dessen Signifikat

Levinas spricht auch vom Rätsel der Erscheinung G-ttes, eine gewisse Erscheinung, ohne zu erscheinen, und doch die Welt mit seinem Da-Sein zu füllen, bezeichnet Levinas mit dem griechischen Wort „Enigma“ – Rätsel.

Rückgreifend auf die Malerei sehen wir, dass es tatsächlich, eins dem Gebote nachahmend, und zwar, „mache Dir kein Bild von mir“, auch kein erstarrtes Bild G-ttes im Leben vorkommt.

Wir gehen davon aus durch ein Zeichensystem, Chiffrierung, die es uns erlauben würde, zu schließen, dass es auch eine Wahrheit in der Malerei zwar gibt, jedoch die durch Repräsentation der Präsentation usw., was Derrida aufführt, durch Phänome darzustellen wäre.

Zurück zum „Doppelgänger“ von Derrida – ich zitiere: „Doppelgänger, so ähnlich er auch sei, und genaugenommen anders in Anbetracht der Ähnlichkeit.“

Den Doppelgänger ersetze ich durch Zeichen, weiterhin ersetze ich Zeichen durch „der Andere“, da Derrida über die Spannung in der Ähnlichkeit spricht.

An dieser Stelle gelangen wir zu einer dialogischen Beziehung zwischen dem Ich und dem Anderen. Ausgehend von Martin Buber existiert zunächst ein Ich und Du. Martin Buber sieht die dialogische Präsens des „Ich und Du“ über dem Begriff des „Ich und Es.“ Es stellt sich die Frage, ob es eine Erfahrung im Dialog des „A“ und “B“ , Ich und Du existiert? Diese existiert offensichtlich im menschlichen Verhältnis von „Ich und Es“. Ohne Es wäre das menschliche Dasein nicht vorstellbar, denn unter der Beziehung zum Es wird alles Gebrauchte in einem sogenannten Erfahrungsspeicher als zur Verfügung stehende Information angesammelt um folglich zur Erleichterung bzw. Systematisierung des ontologischen Leben zu gelangen. So stehen wir hier vor dem Unterschied des geistigen Lebens des Ich und Es und dem Leben im Geiste- des Ich und Du Dialogs – Die Ich und Es Beziehung steht in einem Hindernisverhältnis mit der Ich und Du Beziehung.

Kurz zusammengefasst ist es eine Wechselbeziehung des “Geistzustandes“. Der „scharmante“ Geist äußert sich als phänomenologische, geheime Materie in der Sprache, die wir zunächst als Dunkles bezeichnen. Die Sprache kommt nicht aus dem Menschen, sondern der Mensch selbst befindet sich, was er leider nicht merkt, in der Sprache, die Ihm nicht gehört. „Der Mensch hat die Sprache – Das Wort hat den Menschen“ (Heidegger, Vom Wesen der Sprache). – Heidegger erklärt damit, dass der Mensch zwar auch über die Erzeugung einer Sprache verfügt, doch diese sei seine wesenseigene. Hingegen das Wort ist etwas, was die wesenseigene Sprache des Menschen und seine ganze Phänomenologie des Seins in sich einbezieht. Die Sprachfunktion ist dem Menschen zu eigen im Unterschied zum Tier, wo diese sprachlich ausgeprägte Mitteilungsfunktion nicht inbegriffen ist. Herders Auslegung nach besitzt zwar ein Tier auch eine gewisse Sprachfähigkeit, die dem Menschen aber nicht ausreicht, weil diese nicht deutlich genug artikuliert ist.

Also gibt es zwei Worte und zwei Sprachen, die des Menschen und die von G-tt? – Offensichtlich ja.

Herder spricht von der spezifischen Funktion des Hörens und Horchens bzw. Gehorchens. Indem unser Charakter so ausgebildet ist, dass wir besser zuhören vermögen, entwickeln wir im Gegenzug ein Horchen, als eine bestimmte Reaktion auf das Merken und Vernehmen vom Seienden. Also steht das Gehör und Gehorsam in einem Gleichnis. Daraus schließen wir auch, dass es nicht nur ein Wort, sondern auch eine Sprache gibt, die den Menschen hat. Wir sprechen zwar eine Sprache, die ist nur nicht unsere, sondern seine. Diese Sprache und der erwähnte dazugehörende Geist kommt zu gelte jenseits aller Erfahrung in der dialogischen Beziehung zwischen Ich und Du.

Kann man Ich und Du durch Ich und G-tt ersetzen?

Emmanuel Levinas knüpft aber auch an Martin Heideggers Begriff des Seienden und der Sorge, aus der letztendlich die artikulierte Sprache entsteht, den Begriff die Spur des Anderen an.

Das Seiende ist ängstigend für die Identifikation des A um das A. Er erweitert die Sorge auch mit der Möglichkeit des Genussbegriffes von A um das A. Es ist ein Dialog der Identifikation vom Seienden mit dem Seienden oder kurz gefasst eine dialogische Transzendenz des Selbst im Sein.

Das Sein deutet sich soweit als eine gewisse Nachahmung, eine metaphorische Akkulturation, nichts anderes als die Evolution und Anpassung zur Ästhetik, es ist der Ästhetik affirmativ zugewandt. Das Sein verwandelt sich somit in eine Frage um die Phänomenologie der Ästhetik.

Also spricht das Sein in funktionierenden Bildern. Die Sprache ist gestorben im Bild, sie ist für immer dort erfroren. Das Bild ist Geschichte, es ist nicht wiederholbar. Nun müssen wir weiter und „anders“ sprechen lernen, neue Bilder malen, so wie Kafkas Hungerkünstler weiterhungern musste. Wir sind begleitet von unseren Schuld und Gewissensbissen Dostojewskys, wir sind tatsächlich besorgt um uns selbst, Heidegger sagte „geworfen in das Sein“. Es ist die Sorge, die das Sprechen ermöglicht nach Heidegger. Wir brauchen ein Licht aus der Dunkelheit der Artikulierung, um das Wort zu bilden.

Das Sein drückt sich in einer gewissen Monstrosität aus, es verbreitet sich in uns in Form von unauslöschlichen, fortexistierenden blühenden Worten. Diese Worte sind nach Celan Steine-Ein Stein, der sich zu blühen bequemt. Wir selbst sind Worte, die blühen und verwelken. Die Transzendenz der Verborgenheit, die Transparenz der Undurchsichtigkeit erschließt das Sein. Ich benutze das Wort „Erschließen“ von Heidegger, um zum Dialogischen Prinzip bei Paul Celan und Mark Rothko zu kommen. Erschließen beinhaltet das „Schließen“ in sich. Wir schließen etwas, um es zu erschließen. Ich spreche hier von einem Verschluß und einer Öffnung zugleich.

Bubers dialogische Auseinandersetzung des Ich und Du beeinflusste Celans Dichtung maßgeblich. Celan wurde als hermetisch verschlüsselt eingestuft; man vermochte Ihn nicht wirklich einer Richtung wie Symbolismus und Surrealismus zuzuordnen. Als Celans Leser stellt man sich die Fragen: Wer ist Ich und Du? Ist es ein Dialog der Liebenden? Eine Wendung an G-tt? Wer redet? Und allgemein, was hat er sich dabei gedacht?

Jedoch verlieren die Gedichte nicht Ihre Bestimmtheit, auch wenn diese keine durchsichtige sei oder sich zunächst als eine total verhüllte darstelle. Gewiss ist es eine Angelegenheit des Lesens. Wie soll man Celan lesen? – etwa geduldig? Ist es als eine hermetische Lyrik zu bezeichnen und nur deshalb sei die Aufgabe des Lesers nicht allzu eilig zu sein – um die Verschlüsselungen? Ist eine Entschlüsselung möglich oder braucht man überhaupt eine?

Im Gespräch mit Hugo Huppert spricht Celan über seine Leser: „Ich stehe auf einer anderen Raum – und Zeitebene als mein Leser, er kann mich nur „entfernt“ verstehen, er kann mich nicht in den Griff bekommen, immer greift er nur die Gitterstäbe zwischen uns.

Hans Michael Speier über Paul Celan:

„Lange Zeit sprach man dem Werk von Paul Celan Daseins- und Wirklichkeitsbezüge ab. Aber seine Sprache verharrt keineswegs im magischen Für-sich-Sein, sondern ist Instrument der Entdeckung, das die Wirklichkeit auslotet, um Sie auf unausgeschöpfte Möglichkeiten hin zu prüfen.“
Celans Sprache wohnt eine Zwiespältigkeit zwischen Hermetismus und Offenheit inne. Abstraktion und Figuration oder Fiktion und non – Fiktion.

Um den Begriff der Offenheit bei Celan zu erschließen, genügen nicht nur Denkansätze von Heidegger, Levinas und Derrida. Wir müssten uns mit Paul Valery und vor allen Dingen mit dem Russisch Jüdischen Dichter Ossip Mandelstamm auseinandersetzen, um der Frage nach der Offenheit.

Um den Fragen nach der Dialogbeschaffenheit Celans Dichtung nachzukommen, bedarf es so einer durchgeführten Rezeptionsforschung, die sich auf die Spurenfestlegung begibt. Diese Spurensuche ist einer intertextuellen Eigenschaft , weshalb sie sich in die komparatistische Forschung einbettet. Der Ausgang dieser eröffnet sich auch in vielem in seiner übersetzerischen Auseinandersetzung mit Mandelstamm und Valery. Insofern obliegt die subjektive Rezeption seines Dialogs mit dem Anderen, die zur Zeit vielen abstrakten und vorläufigen, gesellschaftlichen Desillusionierungen unterliegt, die oft der Celanischen Dichtung und seiner Dialogästhetik zugeschrieben werden, einer Antizipation und Innovation innerhalb der empirischen, literarischen Traditionsgeschichte. Die philologische Analyse unterzieht sich dem Einflussbegriff, der sich nicht nur in philosophischer Ideengebung über die Rede mit dem Anderen ans Licht kommt, sondern auch auf vielen historischen und damit psychologischen Fakten Celans Weg durch die Literaturgeschichte beruht. Diese Fakten erschließen einen interpretatorischen Raum, einen Raum der intertextuellen Strategiemöglichkeit, in den ich mich begeben werde, um das Prozesshafte der Entstehung dieser, seiner Sprache und ihrer spezifischen, unikalen Qualität bis an ihre Entstehungswurzeln zurückzusprechen und so die Interpretation und Rezeption dieser innovativ für die Allgemeinrezeption zu definieren.

Celan: „In dieser Sprache habe ich, in jenen Jahren und in den Jahren nachher, Gedichte zu schreiben versucht: um zu sprechen, um mich zu orientieren, um zu erkunden, wo ich mich befand und wohin es mit mir wollte, um mir Wirklichkeit zu entwerfen.“

Celan: „Und so wird man auch verstehen, dass die Gedichte Mandelstamms nicht, wie man verschiedentlich von Ihnen sagte, „hermetisch“ sind, sondern vielmehr offen, weit aufgetan dem Auge, das sie in ihrer ganzen Zeittiefe zu begreifen versucht. (Paul Celan, Der Meridian)

In der Dichtung, was versteht Celan unter offen? Wir wissen auch um den Begriff der Dunkelheit und Hermetismus.

Offenheit wird bei Celan dem Hermetismus entgegengesetzt mit dem Ziel affirmativ „figürlich“ oder „erkennend“ sich darzustellen.

Die Ästhetik der Dunkelheit ist von einer anderen Mitteilungsfunktion gekennzeichnet. Es nähert nicht, sondern ist abgesondert in der Schwebe verharrend, distanzierend und entziehend, so wie wir es bei Rimbaud vorfinden, wo der Angesprochene einfach eine unbestimmte Zukunft ist.

Es scheint, dass es eine Frage der Gliederung von Zeit, Raum und Geschehen ist. Dafür ist das Jüdische Denken kennzeichnend, denn es liegt in dessen Beschaffenheit die Dinge bzw. Geschehnisse zu reaktualisieren.

Levinas, Derrida, Celan und Rothko reaktualisieren, sie transzendieren durch die Zeit, jeder in seinem Medium der Kunst und seiner charakteristischen Art und Weise, sie benutzen die Spuren der Vergangenkeit und machen diese in einer non-metaphysischen Weise zu gelte.
Rothko:

Bezüglich des Holocaust äußert sich Rothko wie folgt: „Well, you know, this kind of disfiguration and this kind of thing you cannot touch, but it is, you know, part of what you feel and part of what you express about the tragedy of it all“.

Ein gravierender Unterschied zu Jackson Pollocks abstrakter Malerei, wo Körper und Kunst physisch miteinander vereinigt werden, spielt bei Jüdischen Abstraktionisten wie Mark Rothko, Barnett Newmann und Adolph Gottlieb das Transzendental-Mythologische sowie Spiritualität die wesentliche Rolle.

So ein Zitat von Mark Rothko und Adolph Gottlieb in New York Times 7 Juni, 1943: „We assert that the subject is crucial and only that subject matter is valid which is tragic and timeless. That is why we profess spiritual kinship with primitive and archaic art”.

Kate Rothko, seine Tochter, berichtete, dass Holocaust zwar nie zuhause öffentlich diskutiert, doch immer von Mark Rothko sublimiert wurde. Der Verlust der alten Jüdischen Identitätswelt vor der Immigration in die USA spiegelt sich nicht nur durch sein transzendentes und von Leere geprägtes Werk der 50 Jahre, sondern auch in seinem Spätwerk, was von dunkler, schwerer Tragik geprägt wurde. Die Tragik und der Mythos, die in seinen Bildern gewahr werden, sind nur Sublimierungen von seiner alten Erfahrung und Erinnerungen der Vergangenheit in der Heimat und der komplexen Immigration und Integrationsfähigkeit in USA.

Verbinden unterschiedlicher Zeitereignisse in eine Einheit:

So verbindet er z.B. das Archaische mit Moderner Kunst und findet Bezüge zu vergangener „Tragik“ in der Jetzt-Zeit. Das ist die Antwort auf den alten Jüdischen Brauch: “Das Eins – Werden von alten Ereignissen, wie z.B. Tempelzerstörung, Sukkot oder besonders Pessach mit der Gegenwart“. Bei Pessach ist es so, wir müssen uns vorstellen physisch und spirituell Ägypten zu verlassen. Es geht hier um die Metapher der Freiheit und Bedeutung des in Judentum geprägten Begriffs des „Sklave – Seins“. Wer war „ich“ als „Sklave“ in Ägypten im moralischen, ethischen Sinn? Wie wurde ich frei? Was bedeutet die Transformation des „Juden“ aus dem Ägyptensklaven in den G-ttessklaven?

Es geht um das Erlebnis der Aktualisierung (z.b. im Gebetsbuch „Mahsor“, was für Rosh Hashana (Neujahr) und Yom Kippur (Tag der Vergeltung) benutzt wird, gibt es dafür eine kennzeichnende Stelle: „Wir sind Deine Kinder von Deinem Bund mit uns, Kinder von Abraham, Isaak, Kinder Jakobs“) Die Jüdischen Gebete sind über 2500 Jahre alt unverändert bis heute geblieben. Es ist eine Spur dessen, was damals war, am Berg Sinai bis hin in die Vergangenheit der Weltschöpfung. So erinnert –reakualisiert man täglich die Spuren, das macht das Jüdische Denken aus.

Bei Mark Rothko ist der Konzept der Zeit nicht der einer linearen Folge, sondern stellt einen Prozess dar, wo Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft miteinander verbunden werden und zu einem gewissen Umkreisen tendieren. Die Vergangenheit bedeutet nicht nur „vergangen“, sondern ist immer das, was wiederkehrt und durch aktualisierende Urteile zum Ergebnis führt. Der Begriff der Ewigkeit scheint hier am passendsten zu sein, was auch Rothkos Intention mit dem Jüdischen Aspekt verbindet und den Bezug zu seiner orthodoxen jüdischen Herkunft herstellt.

In „Die Spur des Anderen“ setzt Levinas dem Mythos von Odysseus, der immer wieder von seinen Reisen nach Ithaka zurückkehrt, die Jüdische Geschichte, des Urvaters Abraham, der für immer sein Vaterland verlässt, um ein neues Land zu finden. Levinas Gedanke geht immer auf seinen Begriff des Anderen zurück. Man wird hier mit der Nacktheit, und völligem Vertrauen auf das Andere definiert. Die ewige Reise fängt beim Vorvater Abraham an und geht über alle Generationen, also um sich vorzustellen über 3000 Jahre bis Jetzt hindurch. Galut auf Hebräisch oder Exil ist das, womit das Jüdische eher zu verbinden ist. Die ewige Geduld und das Nicht Absehen auf das Ziel, sich dem Entblößt Sein des Anderen zu stellen liest man durch die ganze Geschichte des Jüdischen Volks durch.

Ich möchte hier den Gedanken von Levinas über Abraham weiterentwickeln. Im Pentateuch finden wir den Kapitel auf Hebräisch (Lech Lecha), das bedeutet Geh! Es handelt von Abraham. Die Frage stellt sich, warum heisst der Kapitel „Geh!“, warum nicht „Abraham“, so wie davor der Kapitel „Noach“ heisst?? War Noach grösser als Abraham, weshalb er die Würde hat, dass nach Ihm ein Kapitel heisst? – Nein, gewiss nicht. Noach war als „Gerechter“ bezeichnet, jedoch war er nicht selbstständig genug, um alleine zu gehen, G-tt hat Ihn immer an der Hand geführt, wie das Kind, was noch nicht richtig gehen gelernt hatte. Im Gegenteil Abraham, jemand der schon selbst gehen kann, stark genug ist, um selbst zu gehen. So spiegelt es einen Vergleich zwischen zwei Kindern. Den einen hält der Vater an der Hand, damit er nicht fällt – Noach und den anderen schickt er vor – Abraham.

Jetzt verstehen wir, warum dieses Kapitel „Geh“ heisst und nicht „Abraham“. Wir verstehen jetzt auch, warum Abraham eine spirituelle Weiterentwicklung darstellt. Abraham verließ seinen Vater, der ein Götzendiener war. Als aller erster verstand er, dass es einen G-tt gibt. Abraham wird ebenfalls mit einem ersten Juden identifiziert. Im Russischen heisst der Jude „Evrey“. Dieses Wort leitet sich aus dem Hebräischen Wort „Ever“, was bedeutet der „Andere“, der auf der anderen Seite. So heißen Juden auf Hebräisch „Evri“ – die, auf der anderen Seite des Flusses. Wir wissen, dass Abraham es nicht „leicht“ hatte, so wie das gesamte Jüdische Volk nach Ihm. G-tt hatte Ihn zehn Mal getestet. Er bestand die Tests. So wie der Test, bzw. der Glaube, dass Abraham mit 100 Jahren Kinder haben wird, der Test, ob er dazu bereit wäre, seinen eigenen Sohn Itzhak, auf den er 100 Jahre gewartet hatte, zu opfern. Ja, es war der Test um seinen starken Glauben und Vertrauen auf G-tt zu prüfen. Der Sinn dieses Tests mit der Opferung seines Sohns ist nichts anderes als die Prüfung durch das Widersprüchlichste, was es je geben kann. Abraham vertraute G-tt, dass er den Mord seines Sohns nicht zulassen würde, denn Mord ist ein Verbot. Abraham war jemand, der ebenfalls als erster sein Sein ohne Ich – Grenzen verstand. Sein Sein war jenseits des Ich-Bezuges und somit unendlich, also kein Sein bis zum Tode, sondern auch danach.

Nochmal kehren wir an dieser Stelle zu den zwei Begriffen von Heidegger – die Sorge von A um das A und von Levinas – den Genuss von A um das A. Levinas erweitert den Begriff zum Begehren. Somit stellt er das Begehren der Heideggerischen Sorge entgegen. Die Sorge, die sich mit sich selbst beschäftigt ist unterscheidet sich vom Begehren, was eine dialogische Beziehung zum Anderen darstellt. Ein Begehren nach dem Anderen, was voraussetzt, dass man schon mit seiner Selbst befriedigt ist, also mit sich selbst überein, und so ist man bereit dem Anderen ins entblößte Gesicht zu schauen, der Andere ist kein Feind mehr. Man öffnet sich.

Wir finden Parallelen mit der Geschichte von Abraham, der sein Ich annulliert hatte und so die Identifikation mit sich Selbst als metaphysischen Prozess beendete. Das Ich wird also nicht mehr durch Vervollständigung perfektioniert, sondern verliert hier freiwillig sein Bewusstsein, weil es eben weiss, dass in der Begegnung mit dem Anderen kein Zurückgreifen auf das Bewusstsein gibt. So ist das Begehren weitergeschritten als die Sorge. Es ist die neue Öffnung und ein Aufblühen in die Unendliche Obkektivität des Anderen.

Wenn das Andere durch dessen Erscheinung uns fragt, so stellt es uns die Frage um die Andersheit, – wir sind aber aufgefordert zu antworten. Auch obliegen wir der Angelegenheit, wie lange halten wir den Dialog mit dem Anderen aus. Die Transzendenz wird hier zur Möglichkeit des Agierens angeboten.

Jacques Derridas Rede, anlässlich eines Internationalen Paul-Celan-Symposions, Oktober 1984 in Seatle:

Ein einziges Mal: die Beschneidung findet nur ein einziges Mal statt (Jacques Derrida, Shibboleth)

Derrida fragt nach dem Sinn des „ein Mal“, nach der Zeitlichkeit des ein Mal. Es ist weder ein, noch ein Mal. Er kommt zu der Beschaffenheit des Datums, der Einzigartigkeit des Zeitlich – idiomatischen Zugs des Datums. Was ist ein Datum? Wie ist das Datum in Paul Celans Zeitlichkeit definiert? Die erwähnte Einzigartigkeit des Datumereignisses lässt uns doch widersprüchlicherweise zweifeln, ob man etwas überhaupt datieren vermag, denn das Ereignis des Datums wiederholt sich nicht, jedoch das Datieren verweist auf eine Erinnerung mit dem Ziel der Wiederkehr zum Datum. Wie lässt sich das idiomatische Andere datieren, wenn es einzigartig, unnachahmlich und der Zeit fremd erscheint?

Psalm:

Niemand knetet uns wieder aus Erde und Lehm,

niemand bespricht unseren Staub.

Niemand.

Gelobt seist Du, Niemand.

Dir zulieb wollen wir blühen.

Dir entgegen.

Ein nichts waren wir, sind wir, werden wir bleiben, blühend:

Die Nichts – die Niemandsrose.

Mit dem Griffel seelenhell,

dem Staubfaden himmelswüst,

der Krone rot

vom Purpurwort, das wir sangen

über, o über dem Dorn.

Von welchem Niemand spricht Celan? Es handelt sich höchstwahrscheinlich von der Weltschöpfung und G-tt in Genesis. Wir befinden uns am Anfang der gestundeten Zeit, wo die Welt geschöpft wird, der Mensch usw. Niemand scheint sowohl eine Wortbedeutung zu haben, wie der Keiner, also dass es jetzt Keinen (Jemanden oder Etwas) gibt, der etwas machen könnte. Wir stoßen allmählich zum Levinassischen Begriff des Könnens. Celan versucht mit seiner Dichtung der biblischen Weltschöpfungsphase eine neue Supplementarität zu verleihen. Ich sehe es ebenfalls als ein Kommentar zu Genesis oder auch eine Meta – Auslegung der Genesis. Hier kehren wir zum Gebot zurück: „Mache dir kein Bild von mir.“ Celan wählte das Wort, einmal als Substantiv, einmal als Attribut: der Niemand mit N am Anfang und niemand mit n am Anfang. Versucht Celan einen neuen Namen für G-tt zu erfinden, indem er die Dualität und Pluralität des Niemanden poetisiert und so das Andere, nicht illustrative Gesicht G-ttes sucht, ist nicht alleine die negative und melancholische Stimmung des ganzen Gedichts ein Zeichen oder Versuch von Auslegung der negativen Theologie in seiner Dichtung? Mit dem Niemand löscht Celan alle Grenzen der Vorstellung bzw. steckt die unendliche Fülle der Imaginationsmöglichkeiten hinter dieses Wort. G-tt existiert nicht, er ist jenseits des Seins. Das Gedicht beinhaltete eine religiöse andere Ebene: Der Niemand ist der eine, der jenseits des Geschehens und der Zeitlichkeit ist, und alles irdische, vom Niemanden geknetete und geschaffene-das andere-irdisch Vergängliche. Versucht nicht Celan von der Erde zum Himmel zu sprechen? Aus der Vergänglichkeit in die Ewigkeit? Ist nicht sein Gedicht ein postmodernistisches Gebet, eine dekonstruierte Gebettranszendenz? Ich führe alle Verben auf: bespricht, blühen, waren wir, sind wir, werden wir bleiben, sangen. Einerseits werden diese vergänglichen Bedeutungen vom Niemand annulliert, andererseits repräsentieren Sie den Niemanden, denn es sind seine ewigen Eigenschaften, wir sprechen hier die religiöse Tatsache, dass alle menschlichen Eigenschaften, die von G-tt sind, natürlich in einer anderen Dimension. Im letzten Teil des Gedichts taucht das Wort die Niemandsrose auf. Hier wird es am deutlichsten, wie Celan das irdische Sein mit dem himmlischen verbindet.

Corona:

Aus der Hand frißt der Herbst mir sein Blatt: wir sind Freunde.

Wir schälen die Zeit aus den Nüssen und lehren sie gehen:

Die Zeit kehrt zurück in die Schale.

Im Spiegel ist Sonntag,

im Traum wird geschlafen,

der Mund redet wahr.

Mein Aug steigt hinab zum Geschlecht der Geliebten:

wir sehen uns an,

wir sagen uns Dunkles,

wir lieben einander wie Mohn und Gedächtnis,

wir schlafen wie Wein in den Muscheln,

wie das Meer im Blutstrahl des Mondes.

Wir stehen umschlungen im Fenster, sie sehen uns zu von der Straße:

Es ist Zeit, dass man weiss.

Es ist Zeit, dass der Stein sich zu blühen bequemt,

dass der Unrast ein Herz schlägt.

Es ist Zeit, dass es Zeit wird.

Es ist Zeit.

Offenbar handelt es sich hier um ein Dialogverhältnis zwischen Celan und der Herbstzeit. Die Frage nach der Zeitlichkeit stellt sich hier. Herbst als Allegorie des Zeitrinnens, Entrinnens eines Kommens und eines Gehens. Erst im Herbst öffnet sich uns das nackte Gesicht der Zeitfbeschaffenheit. Paul Celan sieht dem Herbst ins Gesicht und sagt: „Wir sind Freunde. Wir schälen die Zeit aus den Nüssen und lehren sie gehen: die Zeit kehrt zurück in die Schale.“

Eine Unmöglichkeit des Datierens, hervorgebracht durch die ewige Wiederkehr der Zeit in ihrer Abstraktheit und aus der Abstraktheit ins Figürliche, lässt das Datum nicht erinnerbar sein. Zweifellos wendet sich Celan dem gewissen Anderen zu. Sein Zeit und der darin enthaltene Dialog zum Anderen, äußert sich in einer abstrahierten Figürlichkeit. Das Datum existiert bei Ihm, wenn das Gedicht zum Datum spricht, sage besser hinbetet. Seine Zeilen beten im Sinne des Bestimmen des Datums als eine Einzigartigkeit, jenseits des Zeitverständnisses und auch Datiermöglichkeit, die Derrida anführt. Die Einzigartigkeit des Datumereignisses verliert intentional die Datierung durch die Ordnungsumwelzung, die das Andere durch dessen weibliche Rätselhaftigkeit in das Gesamtgefüge der Dichtung injeziiert. Da ich über die Einzigartigkeit des Datums spreche, ahnen wir, dass die eigentliche Datierung trotz der letztendlichen Unmöglichkeit dieser, im Gedicht als von der neuen phänomenalen Ordnung nur umschattet ist und als ein Spurintegral der Gedichtkonstruktion dient. Die Spuren des für uns Konkreten und Figürlich Erkennbarem bzw. Definierbarem sterben nicht, sondern leben umhüllt und dekonstruiert weiter im Spiegel der endgültigen Wahrheitsphänomenologie des Anderen in Celans Dichtung. Seine Dichtung beherbergt in sich eine Wechselwirkung der Rezeptionsmöglichkeit. Diese pendelt zwischen Sinn und Materie, was Derrida als Quasi – Metaphorik bezeichnet. Ritzen, vernarben, beschneiden sind die Worte, die Derrida im Hinblick auf die Datierung in Celans Werk, gebraucht. Beschneidung, ausgehend von der religiösen Bedeutung dieses Wortes, die Beschneidung als G-ttes Gebot, sein Signifikat und Markierung auf den Bund seines Volks mit Ihm, wird hier als Spiritualisierung und Segnung auf die Sprache übertragen. Ein beschnittes Wort beinhaltet in sich diese Einzigartigkeit und Einmaligkeit, hinweisend auf die Einmaligkeit der religiösen Jüdischen Beschneidung. Und so gelangen wir zur Datierungsdebatte. Ist die Datierung möglich, wenn sie ein Mal im Leben geschieht, gleich dieser einmaligen Einmaligkeit, die durch das einmalige der Beschneidung auf den Bund mit G-tt verweist? Ist nicht schon die Segnung und Gebet, die vor dem Beschneidungsakt für die Beschneidung ausgesprochen werden, wo das Erfüllen der Beschneidung ausgesprochen wird, ein Kennzeichen für diese Einmaligkeit und Einzigartigkeit, wo eine Unmöglichkeit der Wiederkehr, des Datierens selbst, des Erinnerns an diese Einzigartigkeit besteht, denn man wird nur ein Mal beschnitten? Damit ist auf die Datierungsmöglichkeit beantwortet. Die Tatsache, dass man den Namen G-ttes nicht aussprechen darf, obwohl man den aussprechen kann, bezieht sich auf die Unmöglichkeit der Datierung. Würde man die Beschneidung datieren, so würde sich die Einmaligkeit der Offenbarung dieser auflösen. Die Frage nach der Datierung in Celans Dichtung ist eine Angelegenheit des Schweigens. Die Datierung ist quasi in ihrer Verschwiegenheit umhüllt, Datum existiert in dessen Poetik, jedoch in Form dessen Zersplitterung. Es ist weniger eine konkrete Datierung, die auf ein bestimmtes Ereignis in Celans Dichtung verweist, sondern seine Sprache selbst ist das unmittelbare Datieren überhaupt. Derrida: „ Das Datum wird, indem es sich einfach ereignet, durch Einschreibung eines Merkzeichens „errinnerungshalber“ das Schweigen der puren Einzigartigkeit gebrochen haben. Doch, um vom Datum zu sprechen, muss man es auch löschen, es jenseits seiner Einzigartigkeit, von der es spricht, lesbar, hörbar, wahrnehmbar zu machen“.“

Paul Auster äußert sich zur Celans Dichtung: „ Celans Gedichte widersetzen sich einer direkten Exegese. Sie verlaufen nicht linear, bewegen sich nicht von Wort zu Wort, von Punkt A nach Punkt B. Eher stellen sie sich dem Leser als kompliziertes Netzwerk semantischer Finessen dar. Mehrsprachige Wortspiele, versteckte persönliche Anspielungen, absichtlich falsche Zitate, bizarre Neologismen: Das ist der Stoff, der Celans Gedichte zusammenhält…Es gibt in seinem Werk nichts Zufälliges, nichts Überflüssiges, das den Blick auf das Gedicht verstellen könnte. Man liest gewissermaßen mit der Haut, wie durch Osmose, unbewusst resorbiert man Nuancen, Zwischentöne, syntaktische Sprünge, die für sich selbst ebenso sehr den Sinn des Gedichtes ausmachen.

Die Unmöglichkeit der „Verfügbarkeit“ G-ttes ähnelt zur Unmöglichkeit der Verfügbarkeit der Sprache und derer Zeitlichkeit.

Werner Hamacher äußert sich zur Frage nach einer möglichen dekonstruktiven Lesart der Texte Celans: „Statt Sprache zu haben, wird das Subjekt Sprache sein.“

Zurückkommend auf die Malerei-

Jacques Derrida (in Wahrheit in der Malerei)

„Der Zug Cezannes lässt sich leicht aus einem unmittelbaren Kontext befreien. Ist es denn notwendig zu wissen, dass er von einem Maler signiert worden ist? Seine Kraft hängt sogar von der Fähigkeit ab, mit den Bestimmungen des Kontextes zu spielen, ohne sich einer Unbestimmtheit zu ergeben. Sicherlich der Zug stellt ein Passe-Partout dar. Er durchläuft sehr schnell seine Möglichkeiten. Mit einer verwirrenden Gewandtheit verschiebt seine Akzente oder seine verborgene Zeichensetzung, virtualisiert, formalisiert er gewaltige Diskurse, vervielfältigt er zwischen ihnen die Verhandlungen, Transaktionen, den Schmuggel, die Propfung, das Parasitäre. Aber er macht nur ein Passe – Partout aus, was ein Anschein ist: er will nicht alles und ganz gleich was besagen. Und im Übrigen muss er, wie jedes Passe-Partout (im strengsten Sinn), formal, ich meine von seinen Formen her, einem endlichen System von Zeichen entsprechen.

Was macht ein Passe – Partout? Was lässt es machen oder was lässt es sichtbar werden?“

Diese Frage versuche ich im Folgenden zu beantworten:

Zu aller erst, wenn Cezanne sagt, dass er eine Wahrheit schuldet und sie geben wird, heisst es nicht, dass er über diese erwähnte Wahrheit schon verfügt? Denn, dass er sie geben wird in Bezug auf die Bedeutung von Schulden, spricht über die Tatsache, dass er sich zunächst seiner Schuld a) bekennt b) diese begleichen will und wird. Der zweite Teil seines Satzes spricht davon, dass er eben diese geschuldete Wahrheit geben wird, oder wir ersetzen das geben einfach durch das Zurückgeben. Also: Man hat etwas ausgeliehen für eine bestimmte Zeitspanne. Die Zeit läuft aus und man will seine Schuld begleichen, indem man das, was man ausgeliehen hatte zurückgibt an die Person, von der man es ausgeliehen hatte. Hat Cezanne von Emile Bernard die Wahrheit in der Malerei ausgeliehen?

Cezanne verfügt über diese Wahrheit in der Malerei. Er verfügt über eine konkrete Wahrheit. Nehmen wir zunächst die von Derrida erwähnte Supplementarität aus der Aussagebedeutung von Cezanne. Wir brauchen nicht zu wissen, was die Wahrheit in der Malerei, also welches konkretes Idiom darin steckt. Alleine dadurch, dass die Wahrheit in der Malerei die Wahrheit der Malerei ist, existiert keine zunächst wörtliche Aussage, wie diese Wahrheit in der Malerei geschildert werden könnte. Wie Derrida aber richtig zuvor bemerkt, handelt es sich um einen Performativ des anderen Mediums. In der Aussage Paul Cezannes verstehen wir jetzt, dass dieses Medium auch durch den wahrhaftigen, heisst idiomatischen Zug der Aussage, doch als ein Zeichen, Schlüsselzeichen für diese Wahrheit steht und darin kodiert ist. Die Aussage Cezannes spricht auf die von Ihm schon gefundene Wahrheit in der Malerei.

Wir müssten zunächst auch verstehen, was Derrida unter Passe – Partout meint. Könnte man das Passe – Partout noch mit einer Supplementarität vergleichen? Nein, Passe – Partout bezieht sich auf die Aussageinterpretation von Cezanne. Mit Passe – Partout meint Cezanne die Wahrheitsphänomenologie im Medium der Malerei, das endgültige Phänomen der Wahrheit, ohne die dazugehörenden Dekonstruktivitätsspuren einzubeziehen. Passe – Partout ist ein „leeres“ Dispositiv, was gefüllt wird mit einer „abstrakten“ Wahrheit, in der die konkrete Wahrheit der Malerei innewohnt.

Doch, wenn ich einen Unterschied zwischen der ontologischen Wahrheitsphänomenologie in der Malerei mit derer Dekonstruktivitätszeichen und dem endgültigen Dispositiv, also der endgültigen Wahrheit Wahrheit mache, so müsste doch Cezannes Aussage intelligibel sein, denn er spricht über die Wahrheit in der Malerei und diese Wahrheit in der Malerei bezieht in sich alle Dekonstruktivitätszeichen und Spuren der Entstehung, also alle Zwischenwahrheiten, wenn man es so ausdrücken könnte. Doch die endgültige Wahrheit, dieses Dispositiv, das endgültige Bilddispositiv, ich spreche hier natürlich figürlich, müsste sich komplett in ihrer wahrhaftigen Beschaffenheit sprechen, als die Aufbauzeichenwahrheiten, aus denen der besteht.

Ich verweise hier auf Emmanuel Levinas aus „die Spur des Anderen, die Nähe, der Ausdruck und das Rätsel“: Man täte recht daran, dieser Formel zu mißtrauen, wenn mit ihr gesagt sein sollte, dass die Phänomene auf eine Ordnung von „Dingen an sich“ verweisen, deren Zeichen sie wären oder die sie wie ein Schirm verhüllten. Denn „Verweis“ und „Beziehung“ stellen zwischen dem bezeichnendem und dem bezeichnetem Terminus erneut einen Zusammenhang her, eine Gleichzeitigkeit, und schaffen die Tiefe ab. Eine Beziehung, die keine Gleichzeitigkeit zwischen den Termini schafft, sondern in die Tiefe gräbt, aus der sich der Ausdruck nähert, müsste sich auf eine unumkehrbare, unvordenkliche, unvorstellbare Vergangenheit beziehen.“

So beweist Emmanuel Levinas zunächst folgendes: Er spricht über die Phänomene, die auf eine Ordnung von „Dingen an sich“ verweisen und deren Zeichen sie wären. Sein Ausdruck Phänomen ist mit meinem davor erwähnten Ausdruck „Aufbauzeichenwahrheit“ bzw. „Zwischenwahrheit“ zu ersetzen, denn wir sprechen hier von der Wahrheitsphänomenologie, die nun aus vielen Phänomenen bestehend ist. Levinas unterstreicht meine These, dass diese Phänomene, also sogenannte Dekonstruktivitätszeichen und Spuren, eben nicht auf eine Ordnung verweisen. Wir sprechen hier über eine Wahrheitsordnung in der Malerei um letztendlich zum Dispositiv zu gelangen und somit die Wahrheit als Endresultat auszuschöpfen. Man könnte das ersetzen folgend: Diese Phänomene, meine sogenannten Dekonstruktivitätszeichen, repräsentieren eben nicht die Ordnung der Malerei. Levinas erwähnt ein sehr passendes Wort mit dem man argumentieren kann, es ist „Verweisen“ oder „Beziehung“. Also sagen wir, die Phänomene sind kein Verweis und Beziehung auf etwas, dieses etwas ist die spezifische Ordnung der Malerei. Die Frage stellt sich: Warum können die Phänomene, diese Zeichen und Spuren, nicht auf diese spezifische Ordnung verweisen, woher sie stammen? Levinas unterstreicht nämlich, indem ein Verweis, also Phänomen, sich auf eine bestimmte Ordnung bezieht, diese Ordnung nennen wir in unserem Fall z.B. die Ordnung der Formen und Farben, stellt dieser einen erneuten Zusammenhang her. Man könnte diesen Zusammenhang wage auch durch eine neue Ordnung in der Malerei ersetzen. Levinas gebraucht zu Recht den Begriff der Tiefe und sagt uns damit, dass dieses Phänomen – Zeichen – neue Ordnung aus einer unvordenklichen Vergangenheit sein nacktes Gesicht zu zeigen wagt und somit gewissermaßen als der von mir gebrauchte Ausdruck „Zwischenwahrheit“ kundtut.

Was geschieht aber, wenn wir diese meine Zwischenwahrheit mit dem der Andere von Levinas gleichstellen, ja sogar ersetzen. Wäre es vorstellbar? Also, wir haben zunächst folgende Gleichung: Phänomen – Zeichen –neue Ordnung –Zwischenwahrheit (in der Malerei). Fügen wir zur Zwischenwahrheit den Anderen hinzu: Phänomen – Zeichen –neue Ordnung –Zwischenwahrheit – der Andere. Funktiert?

Levinas spricht über das Phänomen, was auf eine Vergangenheit sich nicht bezieht. Er macht den Kontrast zum Gedächtnis, das die Vergangenheit wiederholt. Wir haben hier mit einem Phänomen zu tun, was in sich das sofortige Integral des Vergessens trägt. Levinas spricht ebenfalls über eine ursprüngliche Spur und erwähnt die Nacktheit des Antlitzes. Wenn er die Nacktheit als solches erwähnt, kann man nicht hier an seinen Begriff der Andere anschließen? Dort spielt die Nacktheit des Antlitzes vom Anderen und das unausweichliche Verlieren des Bewusstseins die gleichzeitig eintretende, wechselwirkende Rolle. Kann man nicht das erwähnte Vergessen Syndrom des Phänomens durch das Verlieren des Bewusstseins des Subjekts, in der Begegnung mit dem Anderen, austauschen? Somit wäre dann die Interpretation der Begegnung mit dem Anderen im Phänomen beinhaltet und die Gleichung wäre in sich stimmig.

Was schreibt nun Derrida zur Bedeutung von Passe – Partout: „Es bleibt ein Raum zu eröffnen, um der Wahrheit in der Malerei Platz zu schaffen. Weder innen noch außen verräumlicht er sich, ohne sich einrahmen zu lassen, aber erfällt nicht aus dem Rahmen. Er bearbeitet den Rahmen, macht, dass er bearbeitet wird, läßt ihn arbeiten, gibt ihm zu arbeiten (lassen, machen und geben werden die von mir verkanntesten Wörter in diesem Buch sein). Der Zug wird dort angezogen und zieht sich dort selbst zurück, er wird dort angezogen und gelangt durch sich selbst zurück. Er situiert sich zwischen der sichtbaren Umrandung und dem zentralen Phantom, von dem her wir faszinieren. Ich schlage vor, dieses Wort intransitiv zu benutzen, wie man sagt „wir halluzinieren“, mir läuft das Wasser im Munde zusammen“, „du gibst den Geist auf“, „sie spannt“ oder „das Schiff geht vor Anker“. Zwischen dem Außen und dem Innen, zwischen der äußeren und der inneren Randung, dem Umrahmenden und dem Eirahmenden, der Gestalt und dem Hintergrund, der Form und dem Inhalt, dem Signifikantenj und dem Signifikat, und so weiter in allen zweiseitigen Gegensätzen. Der Zug teilt sich folglich an dem Ort, wo er statthat. Das Emblem dieses Topos scheint unauffindbar, und ich entleihe es mir der Nomenklatur der Einrahmung: es ist das Passe – Partout. … In dieser Hinsicht bleibt das Passe – Partout eine Struktur mit beweglichem Hintergrund, aber um etwas erscheinen zu lassen, stellt es dennoch nicht einen Rahmen dar, sondern vielmehr einen Rahmen im Rahmen, genau gesprochen an seiner inneren Randung, und der äußeren Umrandung dessen aus, was zeigt, das heisst in seinem leeren Einschluß erscheinen läßt oder macht: das Bild, das Gemälde, die Gestalt, die Form, das System der Striche und der Farben.“

Levinas ersetzt den Heideggerischen Begriff Subjekt und seine Zeit durch Subjekt und sein Verhältnis zum Anderen. Wir vergessen nicht, dass wir die Wahrheit in der Malerei, also Phänomen, an die Stelle dieses Verhältnisses setzen und damit weiter operieren. Stellen wir uns vor, dass wir, also ich oder du, Cezanne ist und bist und du sagst: Ich schulde Ihnen die Wahrheit in der Malerei, und ich werde sie Ihnen sagen. Springen wir einfach von der Dispositiverläuterung dieser Aussage in die Welt des Subjekts, des du als Cezanne. Levinas zufolge sollte nicht nur das Bezeichnete eine Konstellation der Bedeutung und Resultat dieser Begegnung mit dem Anderen sein, sondern auch der Bezeichnende, also Cezanne – Du oder ich, wir schöpfen diese „Wahrheit“, diese Dekonstruktionszwischenwahrheiten im Prozess der Berührung mit dem Phantom des Anderen, der schließlich sich auf dem Passe- Partout sein nacktes Gesicht enthüllt und ein erstes physisches „hässliche“ Zeichen dieser meiner Beziehung zum Anderenphantom geschöpft wird. Levinas spricht über den transitiven Charakter dieser Beziehung. Cezanne ist einsam, du bist einsam, ich bin einsam, solange wir nicht mit dem Anderen in Kontakt treten, bleiben wir intransitive Subjekte, die keine Intentionalität besitzen. Levinas ersetzt ebenfalls den Heideggerischen Begriff des „Seins“ mit dem „Existieren“ des Subjekts und macht eine Strichlinienbeziehung zum Anderen. Der charakteristische Merkmal dieses Existierens ist die Beziehungslosigkeit.

Ich sprach zuvor von einem gewissen „hässlichen“ Zeichen. Warum hässlich? Wir müssen nicht vergessen, dass die Beziehung zum Anderen keine geplante Strategie darstellt, sondern im Gegenteil sich in einer negtiv – theologischen Möglichkeit der Enthüllung kundtut. Es ist eine Hässlichkeit der Gewalterscheinung dem Zeichen charakteristisch. Wie wir von Heidegger wissen ist der Tod die Möglichkeit der Möglichkeit eines Menschen. Levinas gebraucht den Begriff „Können“ des Subjekts. Dieses Können des Subjekts bezieht sich auf die nicht zu erwartende Dialogpotenz mit dem Anderen, also den Anderen kennenlernen können vermögen. Levinas stellt die Frage, ob es eine Möglichkeit gibt nach dem Tod ein Kennzeichen des Seins mit dem Anderen zu erfahren? Problematisch ist hier, dass das subjektive Existieren mit dem Tod den höchsten Wert des Anderen erfährt, so würde es Heidegger, wenn er das Wort und seine Bedeutung der Andere gebrauchen würde, nach seiner Auffassung darlegen. Levinas spricht aber von der anderen zeitlichen Integrität des Anderen, und unterscheidet den zuvor fehlerhaften Begriff, was die Zukunft sei:“ Die Vorwegnahme der Zukunft, das Entwerfen der Zukunft, durch alle Theorien von Bergson bis Sartre als das Wesentliche der Zeit glaubhaft gemacht, sind nur die Gegenwart der Zukunft und nicht die authentische Zukunft; die Zeit ist das, was nicht ergriffen wird, was uns überfällt und sich unser bemächtigt. Die Zukunft, das ist das andere. Das Verhältnis zur Zukunft, das ist das eigentliche Verhältnis zum anderen.“

Dieses eigentliche Verhältnis zum Anderen im Bilde des Todes wird somit von Levinas dekonstruiert und der Tod erhält eine gewisse absolute Bedeutung des Anderen, eines Ereignisses mit dem Subjekt, das seine Einsamkeit, dieses Existieren, wegnimmt. Gibt es kein Existieren, so gibt es kein Können des Subjekts, also kein Subjekt und keine Beziehung zum Anderen? Ist der Tod auch der Tod des Subjekts überhaupt? Der Tod stellt das grösst mögliche Ereignis beim Subjekt dar, es ist das Ereignis der unvorhersehbaren Zukunft, welches das Können des Subjekts negiert. Wie kann es sein, dass das, was ich nicht kann, mir passiert? Wie bezieht sich also der Andere zum Existieren im Bild des Todes? Und wie existiert der gestorbene in seiner Subjektivität weiter? Sind das nicht Fragen einer Transzendenzbeschaffenheit von einem Subjekt? Würden wir hier nicht an das religiöse und Verständnis des Jenseits kommen? Kann man den Tod besiegen, ohne zu verlieren?

Kommen wir zurück zur Frage der Wahrheit in der Malerei. Wenn die alte Ordnung der Farben und Formen durch ein Zeichen sogleich bezeichnet wird, jedoch logisch dieser Zeichen seine alte Ordnung, von der er resultierte und diese repräsentiert, und gleichzeitig die alte seine Ordnung verhüllt, wir sagen bitte nicht dekonstruiert hier, also der Zeichen ist quasi ein Nachkomme der alten Ordnung und unterscheidet sich vollkommen in seiner Formalität von der Ordnung, er abstammte. Könnte man hier nicht von einer Levinassischen Begriff der „Vaterschaft“ sprechen?

Nach der vorhin erklärten Definition der Zukunft, die absolut anders ist und dieses Andere eben den Zeitbegriff und das Transzendieren durch die Zeit bestimmt, konfrontieren wir hier mit dem Begriff des Neuen, was auf uns zukommt und das auf keine Weise, auch nicht durch die eigene Subjektivitätsbeschaffung zu entkommen wäre. Wenn wir über den Begriff das Neue sprechen, so gäbe es logischerweise um so mehr das Alte, das „Abgestorbene“, also in der Zeit zurückliegende Phänomen – Zeichen – neue Ordnung, die gestorben ist, also hier dekonstruiert ist – Zwischenwahrheit (in der Malerei) – das Andere.

Levinas spricht über die Schöpfung, wo die Beziehung zur Wahrheit in der Malerei hergestellt wird und wir endlich dem schöpferischen Aspekt näher zukommen: „Sicher Bergsons Auffassung der Freiheit durch die Dauer tendiert zum selben Ziel. Doch sie bewahrt der Gegenwart ein Vermögen, über die Zukunft: Die Dauer ist Schöpfung. Um diese Philosophie ohne Tod zu kritisieren, genügt es nicht, ihren Platz in der ganzen Strömung der zeitgenössischen Philosophie zu bestimmen, die aus der Schöpfung das Hauptattribut der Kreatur macht. Es handelt sich darum zu zeigen, dass die Schöpfung selbst eine Öffnung auf ein Geheimnis hin voraussetzt. Die Identität des Subjekts ist unfähig, durch sich selbst diese Öffnung zu geben… Es ist nicht einfachhin die Erneuerung durch die Schöpfung: die Schöpfung ist an die Gegenwart festgeklammert, sie gibt dem Schöpfer nichts als die Traurigkeit eines Pygmalion. Mehr als die Erneuerung unserer seelischen Zustände, unserer Eigenschaften, ist die Zeit wesentlich eine neue Geburt.“

Insofern gelangen wir hier zur menschlichen Allegorieweltbeschaffenheit. Die Schöpfung ist das, was die alte Ordnung durch die neue nicht identische Ordnung – Phänomen überschattet und in der Zeittranszendenz des Anderen den Tod besiegt. Der Andere, der sich in einer absoluten Nacktheit und Rätsel der Zukunft zeigt, bedingt das Geschöpfte, der Andere bezeichnet, indem er das Bezeichnende, also die alte Ordnung, nur in ihrer formalen, materialistisch – dialektischen Form negiert oder besser umwandelt in einen neuen Zustand, der heisst: die Frucht aufblühen lassen. Auf welche Weise tut dies der Andere? Levinas spricht über das Weibliche des Anderen und dessen Schamhaftigkeit, die sich in den schöpferischen Prozess umschattet einmischt um die Ordnung so zu verändern, dass es keine subjektive intentionale Absicht wäre. Die Weiblichkeit zeigt sich im Eros als Geheimnis, der das subjektive Bewusstsein illusorisch verändert. Eros zeigt sich als ein unmittelbares Verhältnis zur Zukunft Gestaltung. Im Eros verwirklicht sich eine Unmöglichkeit des Könnens im Anderen, eine neue Dimension und Anderheit, wo das Subjekt dank Eros noch Subjekt bleibt. So wie die Liebe grundlos und irrational im Geheimnis lebt und uns begegnet, verlieren wir nicht unser Ich in ihr. Könnte man das im religiösen Sinn verstehen und sagen: die Liebe zu Gott, wo wir die Gewalt des Anderen erleben oder den oft gebrauchten Ausdruck: Gott ist Liebe, Liebe ist Gott? Wenn im Eros also in der Begegnung mit dem Todbild kein Können möglich ist, kann man von einem Mißlingen des Könnens sprechen? Wenn der Eros die Allegorie des Anderen ist und das Todbild die Möglichkeit aller Möglichkeiten des Anderen ist, wo das subjektive Können nicht mehr relevant wird, wie könnte man über ein Mißlingen überhaupt sprechen? Andere Frage, wie könnte ein Anderer überhaupt sein, wenn er zu ergreifen, besitzen oder können wäre? Es gäbe ja dann nicht dieses Rätsel des Anderen, auch eine Schöpfung wäre nicht möglich. Vorhin sprach ich über die Metapher vom Anderen und Gott. Gott existiert jenseits des Seins, ein Sein jenseits des Seins. Die Zeitlichkeit der dialektischen Beziehung des Subjekts zum Anderen geschieht in dreidimensionaler Flächenordnung. Mit dem Aufeinanderprall des Todbildes mit dem Subjekt vollzieht sich die Transzendenz in die andere Welt für das Subjekt. Also die alte Zeitlichkeit wird dekonstruiert in die Neue für das Subjekt unerfahrene, unmöglich verständige Zeitlichkeit.

Folglich stellt sich die allgemeine Frage, wie sich die Begegnung zwischen Rezipienten und Künstler im Werk des Künstlers stattfindet und wie definiert man diese zauberhafte Begegnung, in der der Rezipient das Andere miterlebt, dieses Andere vom Künstler selbst im Prozess der Arbeit Erlebte?

Die Derridaische Dekonstruktion stößt an ihre Grenzen, vielleicht die Grenzen der Grenzen, die Grenzen, die man besser nicht überschreite, die Grenzen des eigenen Passe – Partoutgebildes – seines äußersten Rahmens, der alles zusammenhält, umhüllt, preserviert und dispositiviert, wo die Grenzen des Gut und Böse das Passe – Partout durch ihre fundamentale, unendliche Detailfeinheiten erotisiert kultivieren sollten und so die äußersten Grenzmauern des „Bildes“ hüten, wovor?, vor Nihilismus zu der Dekonstruktion durch die Dekonstruktion ihrer selbst führen kann. Wie kann der Nihilismus in seiner idiomatischen Nehilistheit das Andere noch erblicken? Wäre das nicht der frühzeitige Tod des Bildes, würde man sich nicht frühzeitig ruinieren? Was geschieht, wenn die Passe – Partout Grenzen ihre Grenzen verlieren. Kann das Bild noch möglich sein und wie verhält sich der Andere zu uns? Dialog oder Monolog?

Wohin bewegt sich der Logos „des Anderen“, ausgehend von den Gedanken Levinas und Derrida?